Hilde Marshall wurde am 28. Februar 1908 als Hilde Hecht geboren und stammt aus einer gutsituierten Nürnberger Familie. 1933 heiratete sie Frank C. Marschütz, den Sohn des Gründers der Hercules-Fahrradfabrik Carl Marschütz.
Im Zuge der Reichspogromnacht und des Boykotts jüdischer Geschäfte wurde Hilde Marschütz Zeugin unvorstellbarer Gewalt- und Willkürakte: Ihrem Vater zertrümmerten die Nazis die Schädeldecke mit einer Schreibmaschine, sodass er rechtsseitig gelähmt war; der Familie Marschütz nahmen sie ohne jegliche Entschädigung die 1886 gegründete Velozipedfabrik.
Da sie nun endgültig den Glauben an ein Weiterleben in Deutschland verloren hatten, emigrierten die Familien Marschütz und Hecht schon wenige Wochen nach diesen Ereignissen nach New York.
Wenn Hilde Marschütz, die ihren Familiennamen in Marshall änderte, auch ihre engsten Familienangehörigen nicht durch den Naziterror verloren hat – selbst ihr optimistischer Vater lebte noch weitere sechzehn Jahre mit seiner Lähmung – so sind doch viele ihrer Verwandten und Freunde in den KZs »einfach so verschwunden«.
Hilde Marshall lebte Jahrzehnte in Los Angeles, wo sie kurz nach ihrem 101. Geburstag im März 2009 starb.