»Mit uns passiert nichts, ich war Frontkämpfer!« So reagierte Vater Höxter hartnäckig auf die Versuche seines am 6. Juli 1923 geborenen Sohnes, ihm die Erlaubnis zur Emigration abzuringen.
Nie hätte der beliebte, voll integrierte Junge, der damals noch Fritz hieß, gedacht, dass er einmal als »Judenkind« abgestempelt werden würde. Lange wusste er nicht, dass er einen jüdischen Vater hatte; plötzlich veränderte dieser von den Nazis ans Licht gezerrte Umstand das Leben der Höxters einschneidend: Die Familie hatte beim Bierholen fortan den Hintereingang der Gaststätte zu benutzen, der im »Rassenunterricht« zunächst als »arischster Kopf der Klasse« deklarierte Fritz musste beim morgendlichen Schulappell auf einmal mit dem Rücken zur Flagge stehen. Die Situation spitzte sich zu: Fritz durfte mit seinen ehemaligen Freunden nicht mehr auf der Straße spielen, er wurde der Schule verwiesen.
Es gab aber auch Menschen mit anderer Gesinnung, wie etwa den christlichen Bäcker, der für die Familie Chala backte, oder die Arbeitskollegen des Vaters, die den 1936 entlassenen Metzger weiterhin über Jahre hinweg mit Fleisch versorgten. Doch das reichte nicht.
Im März 1938, kurz nach seiner Bar-Mizwa-Feier in der Hauptsynagoge, wanderte Fritz nach Palästina aus, nahm den hebräischen Namen Shaul an, und trat in einen Kibbuz ein.
Die Eltern und die jüngeren Geschwister blieben in Nürnberg zurück: Shauls Vater überstand die Zwangsarbeit im Schienenbau, sein Bruder überlebte gar das KZ Auschwitz.